Fair play für die Bauernfamilien

16.04.2021, 12:32 Uhr

Wie soll die Nutztierhaltung der Zukunft aussehen? Welche Parameter werden national und international Gültigkeit erhalten und wie sollen höhere Produktionskosten finanziert werden? Diese Themen waren Gegenstand eines intensiven Gedankenaustausches zwischen dem ehemaligen Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt, MdB, und dem Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) Jürgen Dierauff bei einem Treffen in Berlin.

Dierauff hatte die Sorgen der Bäuerinnen und Bauern mitgebracht. Diese Sorgen betreffen die Nutztierhaltung, den Insektenschutz und den fairen Wettbewerb für Agrarprodukte.

Schmidt stellte fest, dass erwünschte Verbesserungen bei den Tierwohlstandards nicht nur den Tierhalter, sondern auch die Öffentlichkeit verpflichten würden. Für die Tierhaltung müsse das Prinzip der „freiwilligen Verbindlichkeit“ gelten: Bereitschaft der Tierhalter trifft auf aktive Unterstützung von verarbeitender Hand, staatlicher Beratung und Verbrauchern.

Insbesondere die Finanzierung solcher Maßnahmen erfordere, wie die Kommission unter Leitung seines Amtsvorgänger Jochen Borchert zeigt, eine klare Strategie zum Erhalt der wirtschaftlichen Existenzfähigkeit insbesondere kleiner und mittlerer Betriebe. Dazu könnte eine für Konsumenten erträgliche geringe Tierschutzabgabe für tierische Lebensmittel gehören genauso wie staatliche Förderprogramme für eine freiwillige Höherstufung von Ställen im Hinblick auf Tierwohlstandards und auch Beiträge von Verarbeitungsbranche und Handel. Eine Kommission um den früheren Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert hat hierzu Vorschläge unterbreitet.

Für Bundesminister a.D. Christian Schmidt (CSU) gilt, dass der Tierschutz eine zentrale Bedeutung behalten wird und in der Branche sichergestellt werden müsse. Für die Landwirtschaft sei es dabei von existentieller Bedeutung, wie der erhöhte Investitionsbedarf und insbesondere die laufenden Produktionskosten, welche von einem Mehrerlös durch eine erweiterte Lebensmittelkennzeichnung am Markt nicht widergespiegelt werden, zu kompensieren sei.

Jürgen Dierauff bedankte sich bei dem Wahlkreisabgeordneten Christian Schmidt für dessen Einsatz beim Insektenschutzgesetz. Insektenschutz sei unbestreitbar wichtig, sei aber nicht nur von der Landwirtschaft zu erbringen. Probleme würde von der Lichtverschmutzung über Flächenversiegelung, Verkehr bis zur Landwirtschaft reichen. Der von Bundesumweltministerin Svenja Schulze vorgelegte Entwurf eines kompletten Verbotes von Pflanzenbehandlungsmitteln in allen FFH- und Vogelschutz-Gebieten hätte beispielsweise die Zukunft des Zuckerrübenanbaus im Uffenheimer Raum sehr gefährdet, so Dierauff. Gleichzeitig wären durch eine ersatzweise „Striegelung“ der Ackerflächen die erfolgreichen Populationen bei den dortigen Bodenbrütern in Gefahr geraten. Dierauff bat Bundesminister a.D. Schmidt darum, sich bei der Evaluierung des Gesetzes in drei Jahren für eine Sicherstellung der jetzt angedachten Regelung stark zu machen. Diese sieht vor, dass die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in FFH- und Vogelschutzgebieen weiter möglich ist. Landwirtschaft sei bereit, ihren Beitrag zu leisten.

Ein weiteres, für die Bauernfamilien wichtiges Thema stellte das neue Agrarmarktstrukturgesetz dar. In seiner Eigenschaft als Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft und als Präsidiumsmitglied der Europäischen Volkspartei hatte Schmidt auf europäischer Ebene eine UTP-Richtlinie mit angeschoben, mit der die Mitgliedstaaten unlautere Handelspraktiken per Gesetz verbieten müssen. „Fair play für die Bauern“ war dabei der Antrieb, so Schmidt. Damit würden Lieferbeziehungen, Zahlungsziele und Preisgestaltungen zugunsten der schwächeren Marktteilnehmer neu geregelt. Dies ergänzt damit die von Schmidt schon bei der Novellierung des deutschen Wettbewerbs- und Kartellrechts erreichten Verschärfungen. Beispielsweise müsse künftig bestellte, aber nicht abgenommene Ware im Gemüsebereich bezahlt werden, was bisher ausgeschlossen werden konnte. Ich bedauere, so der ehemalige Bundeslandwirtschaftsminister, dass derartige Grundsätze einer gesetzlichen Normierung bedürfen, aber die Erfahrungen am Markt hätten dies nötig gemacht.